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Die metr Building Management Systems GmbH entwickelt vernetzte Gebäudetechnik

Messen und optimieren

Dr. Franka Birke, Geschäftsführerin der metr Building Management Systems GmbH, im Interview

 

Die metr Building Management Systems GmbH aus Berlin entwickelt mit 35 Mitarbeitern aus zehn verschiedenen Ländern vernetzte Gebäudetechnik – und stellt Immobilien damit effizient, technisch sicher und zuverlässig für die Zukunft auf. Was das genau bedeutet und welche ambitionierten Ziele das Unternehmen verfolgt, erläutert Geschäftsführerin Dr. Franka Birke im Interview.

 

Frau Dr. Birke, warum wurde die metr Building Management Systems GmbH im Jahr 2016 in Berlin gegründet?

„Das Thema war für mich naheliegend, denn durch meinen Vater, der Architekt und Ingenieur war, bin ich bereits früh mit den Problemen der Immobilienwirtschaft in Berührung gekommen. Es gibt sehr viele Bestandsgebäude, die mit veralteten technischen Anlagen unterschiedlichster Hersteller ausgestattet sind und in denen enorm viel Potenzial hinsichtlich Prozessoptimierung und Energieeffizienz schlummert. Dies zu optimieren durch neue digitale Lösungen und Technologien, wie das Internet der Dinge, ist gerade aktuell in Zeiten der Energie- und Klimakrise wichtiger denn je.“

Was bedeutet der Firmenname?

„metr ist die Kurzversion von ,meter‘, dem englischen Wort für ,messen‘. Ausgesprochen werden wir wie der ,Mieter‘. Unser Name beschreibt sehr gut, was wir mit unseren Softwarelösungen tun: Verbräuche messen und transparent machen, Daten erheben, aber auch analysieren. Nur was man messen kann, kann man auch optimieren. Wir decken die gesamte Wertschöpfungskette der Gebäudedaten ab.“

Wie schwierig war der Beginn für Ihr agiles Start-up in der konservativen Branche der Wohnungswirtschaft und wie haben Sie sich durchgesetzt?

„Wir haben bereits in einer frühen Phase zwei Forschungs- und Entwicklungspartnerschaften mit großen Wohnungsbaugesellschaften, der degewo und der GBG Mannheim, geschlossen, im Rahmen derer wir gemeinsam unsere Lösungen für die Wohnungswirtschaft entwickelt haben. Dies hat es uns zum einen leichter gemacht, relevante Lösungen zu entwickeln, zum anderen war es aber auch eine vertrauensbildende Maßnahme für die Branche, die es uns einfacher gemacht hat, Fuß zu fassen.
Wir sind als Start-up sehr schnell und agil, haben aber gelernt, dass unsere Kunden und Partner dahingehend anders aufgestellt sind. Die Immobilienbranche steht aktuell vor riesigen Herausforderungen – diese intern anzugehen und die entsprechenden Prozesse anzupassen, braucht Zeit. Mittlerweile sind wir aber mit vielen Kunden im Roll-out unserer Lösungen.“

Sie entwickeln mit metr eine intelligente Plattform für energieeffiziente Gebäude für die Wohnungswirtschaft. Was kann und bringt diese?

„Wir bieten der Immobilienwirtschaft mit unserer Plattform eine ganzheitliche Lösung von der Erfassung aller Verbrauchsdaten ihrer Gebäude bis zur Optimierung der Energieeffizienz der technischen Anlagen an. Über den Messstellenbetrieb schaffen wir Transparenz über die Verbrauchsdaten aller Medien im Gebäude. Darüber hinaus binden wir herstellerübergreifend alle Heizungsanlagen digital an und optimieren den Betrieb. Der herstellerunabhängige Ansatz ist insbesondere bei heterogenen Gebäude- und Anlagenbeständen von großer Bedeutung. Die Gebäudeeigentümer erhalten alle Daten ihrer Gebäude übersichtlich in einem Dashboard, bekommen zum ersten Mal einen Überblick über ihren gesamten Gebäudebestand und das an einem Ort. Darüber hinaus lassen sich die Daten auch für datenbasierte Services, wie die Heizungswartung, nutzen.“

Wer sind Ihre Kunden und wie profitieren diese von Ihrem Produkt?

„Unsere Kunden sind große Bestandshalter von Gebäuden im Bereich Wohnen und Gewerbe, insbesondere große Wohnungsunternehmen, wie z. B. Heimstaden oder die GWH. Außerdem haben wir auch Contractoren als Kunden, die als Betreiber von Heizungsanlagen ebenso einen großen Mehrwert aus unseren Lösungen ziehen können. Aufgrund der ESG-Regularien brauchen alle Gebäudeeigentümer Transparenz über ihre Verbrauchsdaten – diese erhalten sie mit unserer Lösung für den Messstellenbetrieb. Zudem müssen zur Erfüllung der Klimaziele Gebäude energieeffizienter und die CO2-Emissionen reduziert werden – dies ist mit unseren Lösungen zur Optimierung der Heizungsanlagen möglich, die den Energieverbrauch der Anlagen um bis zu 20 Prozent reduzieren können. Mit unserem ganzheitlichen Ansatz von der Verbrauchstransparenz bis zur Optimierung der Energieeffizienz bieten wir unseren Kunden eine vollumfängliche Lösung aus einer Hand, die so einzigartig im Markt ist.“

Eins Ihrer Ziele ist es, innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Million Gebäude in Deutschland um 50 Prozent energieeffizienter zu machen. Wie wollen Sie das schaffen?

„Auf unserer Plattform bieten wir ein umfangreiches Leistungsangebot, das aus verschiedenen Softwarelösungen und Services für energieeffiziente Gebäude besteht. Kombiniert man diese Lösungen miteinander, lassen sich bis zu 50 Prozent Energie pro Gebäude einsparen, abhängig vom Gebäudetyp und den darin verbauten technischen Anlagen. Da unsere Lösungen auf der europäischen ESG-Regulatorik beruhen, die für alle EU-Mitglieder gilt, gibt es ein großes Potenzial in anderen europäischen Ländern, dass wir in den nächsten Jahren ausschöpfen möchten.“

Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland ist aktuell so unübersichtlich wie selten zuvor: Materialengpässe, hohe Zinsen, Preisverfall beim Verkauf der Immobilien, Erhöhung der Mieten bei Neuverträgen sowie ein stockender Neubau von Wohnungen belasten die Branche. Wie wirken sich diese Szenarien auf Ihr Geschäftsmodell aus?

„Die Herausforderungen für die Immobilienbranche sind aktuell in der Tat groß und vielfältig. Insbesondere die ESG-Regulatorik macht ein Umdenken und Veränderungen im Gebäudesektor dringend erforderlich. Ein Invest in digitale Lösungen – wie unsere – ist für Gebäudeeigentümer unumgänglich, denn nur durch Digitalisierung sind die ESG-Anforderungen zu bewältigen, da diese nur mit Datentransparenz erfüllt werden können. Die Lösungen amortisieren sich im Übrigen bereits nach circa zwei Jahren.“

Wie wird und muss sich die deutsche Immobilienbranche, auf die 35 Prozent des gesamten Energieverbrauchs entfällt, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verändern?

„Es gibt mehrere Wege, die im Gebäudesektor zu mehr Energieeffizienz führen. Zum einen können Bestandsgebäude energetisch saniert werden, was einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch hat, aber auch mit vielen Herausforderungen, wie langen Planungszyklen, Material- und Fachkräftemangel und einem hohen Invest verbunden ist. Zum anderen liegt ein großer Hebel in der Optimierung der in den Gebäuden verbauten technischen Anlagen, insbesondere bei Heizungsanlagen. Die Installation solcher Lösungen ist schnell, minimalinvasiv und pro investierten Euro sind hohe Energieeinsparungen erzielbar. Die Lösungen für diese Optionen sind vorhanden, ebenso die Gesetze – die Immobilienbranche muss nun Tempo aufnehmen und die Gesetze müssen nachgehalten werden. Digitalisierung sollte als Chance verstanden werden, nicht nur in Hinblick auf die Reduktion der Energieverbräuche des Gebäudesektors.“

Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Ist das realistisch?

„Der Gebäudesektor hat in den vergangenen drei Jahren die nationalen Klimaziele verfehlt und laut Projektionsbericht des Umweltbundesamts werden mit den aktuellen Maßnahmen nur 85 Prozent des Ziels der Netto-Treibhausgas-Neutralität in 2045 erreicht. Der Handlungsdruck ist also enorm und es müssen dringend weitere Maßnahmen ergriffen werden. Geschieht dies zeitnah, so ist das Ziel bis 2045 noch erreichbar. Wichtig ist aber, dass jetzt gehandelt wird, die vorhandenen Lösungen auch großflächig und schnell ausgerollt werden, damit sie noch ihre Wirkung entfalten können.“

Was sind Ihre kurz- und langfristigen Pläne mit metr?

„Da Energieeffizienz auch mit erneuerbaren Energien ein wichtiges Thema bleiben wird, planen wir zukünftig auch neue Technologien, wie z. B. multivalente Anlagen, anzubinden. Hierfür soll das metr-Team weiterwachsen, was durch die Series B Finanzierungsrunde sichergestellt wird, die im Jahr 2024 ansteht. Zudem werden wir mittelfristig auch in den europäischen Markt eintreten und unsere Lösungen, die auf den EU-Richtlinien beruhen, anbieten.
Langfristig ist unser Ziel, bis 2030 eine Million Gebäude angebunden zu haben, mit denen wir 1,4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Dies entspricht dem CO2-Ausstoß, der durch den jährlichen innerdeutschen Flugverkehr entsteht.“

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