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5 Fragen an ... Oliver Weinrich

Erstellt von Fabien Tronnier | | Business | Geldanlage

Im Rahmen der Interviewreihe zum aktuellen Börsengeschehen stellen wir regelmäßig 5 ausgewählte Fragen an Experten aus dem Bereich Fonds- und Portfoliomanagement. Michael Pannwitz, Leitung des Bereiches Individualkunden der Volksbank BraWo, hat für unser siebtes Interview mit Oliver Weinrich, verantwortlich für das Portfolio Management bei Habona Invest, gesprochen.

Wer ist Oliver Weinrich?

Oliver Weinrich ist gelernter Bankkaufmann und Sparkassenbetriebswirt. Seit April 2021 ist er verantwortlich für das Portfolio Management bei Habona Invest. Mit einem Team von insgesamt vier Mitarbeitern werden derzeit ein offener Immobilien-Publikumsfonds, drei offene Immobilien-Spezialfonds sowie drei aktive geschlossene Immobilienfonds gemanagt.

Davor war Weinrich rund zehn Jahre Vorstand und Consultant bei der Drescher & Cie. Immo Consult AG, zwei Jahre Geschäftsführer bei der Acron, acht Jahre Global Head of Regulated Products bei AXA Investment Managers,  sieben Jahre Vertriebsleiter bei der WestInvest, und zuvor insgesamt zehn Jahre bei zwei Sparkassen tätig.

Michael Pannwitz: Was zeichnen Immobilien aus der Nahversorgung gegenüber Wohnimmobilien oder anderen Gewerbeimmobilien für den Investor bzw. den Anleger aus?

Oliver Weinrich: Eindeutig ihre Krisenresistenz. Essen und auch Wohnen gehören zu den menschlichen Grundbedürfnissen, denken Sie dabei an die Bedürfnispyramide nach Maslow aus der Sozialwissenschaft. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln war auch in Pandemiezeiten ungemein wichtig und deswegen konnten unsere Mieter auch nahezu ohne Einschränkungen ihren Geschäften nachgehen. Bedingt durch Homeoffice und Schließung der Gastronomie konnten sie ihre Umsätze kräftig ausbauen. Dagegen erlebten Hotelimmobilien einen extremen Buchungsrückgang. Shopping-Center und der Highstreet-Einzelhandel haben massiv Geschäftsanteile an den Online-Handel verloren, diese Anteile werden nach unserer Einschätzung auch so schnell nicht zurückkehren.

MP: Befürchten Sie nicht, dass der Nahversorgung ein ähnliches Schicksal widerfährt, wie es auch der sonstige Einzelhandel in Deutschland gerade im Hinblick auf den wachsenden Onlinehandel erlebt?

OW: Im Gegenteil, deutsche Nahversorgungsimmobilien sind Profiteure des gesellschaftlichen Wandels. Mit Umsatzzuwächsen von gut 50 Prozent in den letzten 15 Jahren hatten sich Supermärkte und Lebensmitteldiscounter bereits vor Corona vom übrigen Ladeneinzelhandel positiv abgekoppelt. Das hängt einerseits mit gesellschaftlichen Megatrends, wie zum Beispiel zunehmenden Qualitätsansprüchen an die Ernährung, Frische und dem Wunsch nach kurzen Einkaufswegen zusammen. Andererseits sind unsere Mieter in einer starken wirtschaftlichen Verfassung und investieren weiterhin massiv in die Verbesserung ihrer stationären Infrastruktur. Wie unsere Mieter sind aber auch wir nicht naiv und beobachten den Anteil der Akteure und deren Profitabilität im Onlinevertrieb sehr genau. Wir sind davon überzeugt, dass das gut ausgebaute Standortnetz insbesondere außerhalb der Ballungszentren sehr resilient gegenüber den Online-Liefermodellen bleiben wird.

MP: Wie lange halten Sie die Immobilien bzw. wann und unter welchen Voraussetzungen werden sie wieder veräußert?

OW: Grundsätzlich streben wir für unsere Investitionen im offenen Immobilienfonds einen langfristigen Anlagehorizont an. Beim Ankauf erstellen wir einen individuellen Business Plan je Immobilie, der laufend fortgeschrieben wird. Ein gewisser Paradigmenwechsel entsteht allerdings durch die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Anlage. Der Fokus unserer Maßnahmen wird dabei auf der Absenkung der CO2-Emissionen liegen. Dazu erstellen wir gerade umfangreiche Analysen zu unseren Objekten. Das kann im Einzelfall auch zu größeren Anpassungserfordernissen je Objekt führen.

MP: Sehen Sie nicht die Gefahr, dass der Fonds aufgrund der stark steigenden Immobilienpreise in Zukunft keine rentablen Projekte mehr finden wird?

OW: Das aktuelle Marktumfeld ist hinsichtlich der deutlich gestiegenen Immobilienpreise sicherlich herausfordernd. Wir verfügen allerdings über ein hervorragend am Markt vernetztes Ankaufsteam, das für uns immer wieder attraktive und fondsgeeignete Investments lokalisiert. Jüngst gibt es sogar noch zwei weitere Herausforderungen: Inflation und auch das Zinsniveau sind wieder deutlich angestiegen. Die Inflation ist durch Wertsicherungsklauseln in den Mietverträgen zu einem großen Teil abgesichert. Und unsere Mieter sind in der Lage, entsprechende Mietsteigerungen tragen zu können, weil sie bei steigenden Preisen auch nachhaltig mehr Umsatz erwirtschaften.

Das steigende Zinsniveau hat für uns einen interessanten Nebeneffekt: wir können unsere Objekte als offener Immobilienfonds nur zu maximal 30 % fremdfinanzieren. Viele institutionelle Investoren rechnen mit einem deutlich höheren Fremdkapitalanteil und scheiden nun aus dem Bieterwettbewerb aus, weil sie die angestrebten gehebelten Zielrenditen nicht mehr erreichen können. Jetzt herrscht für uns wieder ein wenig mehr Chancengleichheit im Wettbewerb um attraktive Objekte.

MP: In Ihrem Portfolio befindet sich neben Nahversorgungsobjekten auch eine Kindertagesstätte. Wie passt dies in Ihrem Immobilienfonds zusammen?

OW: Kitas gehören zur Nahversorgung. Sie zeichnen sich durch langlaufende Mietverträge mit kommunaler Absicherung aus.

Dazu ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit: Ich durfte die Fondskonzeption schon in alter Funktion als Berater begleiten. Wir haben uns seinerzeit an einem erweiterten Begriff der Nahversorgung mit dem Idealbild der sogenannten „15-Minuten-Stadt“ orientiert. Wie der Begriff schon klarmacht, sollen alle wichtigen Versorgungsfunktionen in einem Radius von 15 Minuten zu Fuß, per Fahrrad oder mit dem ÖPNV innerhalb eines Quartieres erreichbar sein. Wir investieren deshalb ergänzend auch in Kitas, Wohnen oder Ärztehäuser, wenn sie sich innerhalb eines lebensmittelgeankerten Nahversorgungsquartieres befinden. Darüber hinaus mischen wir attraktive Einzelstandorte bei. 

MP: Vielen Dank für das Gespräch!

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