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5 Fragen an … Assetmanager Markus Peter

Braunschweig | | Business

Im Rahmen der Interviewreihe zum aktuellen Börsengeschehen stellen wir regelmäßig 5 ausgewählte Fragen an Experten aus dem Bereich Fonds- und Portfoliomanagement. Michael Pannwitz, Leitung des Bereiches Individualkunden der Volksbank BraWo, hat für unser elftes Interview mit Markus Peter, Mitglied der Geschäftsleitung bei Bellevue Asset Management, gesprochen.

Wer ist Markus Peter?

Markus Peter ist Leiter Anlagen und Produkte sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei Bellevue Asset Management, bei der er seit 2009 tätig ist. Zuvor war er in diversen Management-Funktionen u. a. bei beim Schweizerischen Bankverein und zehn Jahre bei der Julius Bär Gruppe tätig. Dort hatte er die Funktionen als Leiter Produktmanagement und Produktentwicklung, Leiter Investment Advisory sowie als Produktspezialist für Absolute-Return-Produkte inne.

Er verfügt über einen Abschluss (lic. oec. HSG) der Universität St. Gallen.


Michael Pannwitz: Was macht Ihren Investmentprozess besonders und woher nehmen Sie die notwendige Expertise?

Markus Peter: Wir agieren benchmarkunabhängig und bekennen uns zum aktiven Management. Schwerpunkt unseres Anlageprozesses ist die Fundamentalanalyse. Wir ermitteln also den fairen Wert einer Aktie und analysieren, welche Faktoren den Preis in Zukunft beeinflussen könnten. Das ist ein anspruchsvoller Prozess, für den ein hochspezifisches Wissen im Gesundheitsbereich erforderlich ist. Wir haben in diesem Bereich mehr als 25 Jahre Erfahrung und beschäftigen mehr als 20 Spezialisten, darunter zahlreiche Mediziner, Biologen, Neurologen und weitere Fach-Experten. Viele Management Teams unserer Portfolio-Unternehmen kennen wir seit vielen Jahren und begleiten diese seit Jahren. Wichtig ist uns der direkte Kontakt zum Management vor Ort, der uns vertiefte Einblicke gewährt.

Pannwitz: Einer Ihrer Fonds verlor im Gegensatz zu anderen Fonds, die sich auf Wachstumswerte spezialisiert haben, in der aktuellen Marktkorrektur wenig. Was war der Grund für diese Entwicklung?

Peter: Der Bellevue Medtech & Services hat zwar auch Verluste hinnehmen müssen, konnte sich aber seit Jahresanfang positiv von der Vergleichsgruppe und seiner Benchmark absetzen. Grundsätzlich ist der Bereich Medtech & Services ein hoch innovativer, profitabler und zugleich überdurchschnittlich wachsender Wirtschaftssektor, der auf Grund seiner nichtzyklischen Nachfrage auch sehr defensive Eigenschaften aufweist. Er ist krisenresistenter, weshalb sich die Aktienkurse nach exogenen Schocks zumeist rasch erholen. Aktuell profitiert der Sektor davon, dass wegen der Pandemie viele nicht lebensnotwendige Behandlungen aufgeschoben wurden. Nachdem sich die Situation insbesondere in den Spitälern beruhigt hat, werden diese Behandlungen nun nachgeholt – dies unabhängig davon, wie die aktuelle Konjunkturlage ist.

Pannwitz: Gerade die Entwicklung des Covid-Impfstoffes ging rasant schnell. Welche besonderen Technologien und Entwicklungen stehen aus Ihrer Sicht aktuell in den Startlöchern?

Peter: Die Weiterentwicklung der Covid-Impfstoffe bleibt natürlich ein Thema. Gerade die mRNA-Technologie, der die Pandemie zum Durchbruch verholfen hat, verspricht sehr viel Potenzial über Covid hinaus. Durch die Pandemie sind generell häufig auftretende Krankheiten in den Fokus der Forschung gerückt. So erwarten wir weitere technologische Fortschritte bei breiten Indikationen wie Grippe, aber auch Immuntherapien gegen Krebs.

Bei den Medizintechnikunternehmen sehen wir vor allem neue Produkte in den Bereichen Diabetes-Therapie, minimalinvasiver Herzklappenersatz und -reparatur sowie Operationsrobotik. In allen drei Bereichen wurden in den letzten Jahren riesige Fortschritte bei der Produktentwicklung gemacht, welche die klinischen Ergebnisse verbessern und das Gesundheitswesen effizienter machen. Im Bereich der strukturellen Herzkrankheiten sind für den Ersatz von Aortenherzklappen und für die Reparatur von Mitralherzklappen hervorragende Produkte auf den Markt gekommen. Dank ihrer minimalinvasiven, katheterbasierten Technologie sind beide Verfahren viel weniger traumatisch und schonen nicht nur die Patienten und Patientinnen, sondern verkürzen auch die Klinikaufenthaltsdauer. Im Bereich der Operationsrobotik wurden große F&E-Fortschritte erzielt. Prostatektomien (Entfernung der Prostata) und Hysterektomien (Entfernung der Gebärmutter) werden heute z.B. vorwiegend robotergestützt mit dem Da Vinci Xi durchgeführt.

Pannwitz: Halten Sie den Markt für Medizintechnik für ein langfristiges Investment oder ist er doch eher zyklisch und bedarf der regelmäßigen Überprüfung der Position?

Peter: Allein der Bereich Medtech & Services entspricht bereits etwa 85 Prozent der Wertschöpfung der globalen Gesundheitsindustrie. Das sind rund zehn Prozent der gesamten globalen Wirtschaftsleistung. Megatrends wie die steigende Lebenserwartung und damit die fortschreitende Überalterung der Gesellschaft, der Anstieg von Fettleibigkeit und chronischen Krankheiten wie Diabetes und die Zunahme des Wohlstandes in aufstrebenden Ländern in Asien und Südamerika begünstigen das langfristige Wachstum des Gesundheitssektors. Die Digitalisierung des Gesundheitsbereichs und eine rege Innovationstätigkeit spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Ohne technische Geräte und Unterstützung ist Medizin heute undenkbar. Medizintechnik ist also auf jeden Fall ein Langzeit-Investment basierend auf weltweiten Megatrends. Schon heute wächst der Sektor Medtech & Services in Durchschnitt seit 2001 mit plus sechs bis sieben Prozent rund doppelt so schnell wie der breite Markt. Das macht ihn so attraktiv.

Pannwitz: Welchen Einfluss hat die aktuelle Inflation auf das Gesundheitswesen?

Peter: Das ist unterschiedlich. Im Medizintechnikbereich bevorzugen wir beispielsweise großkapitalisierte, solide finanzierte und diversifizierte Unternehmen, die über eine entsprechende Marktposition und damit verbundene Pricing-Power verfügen. Vorsichtig sind wir bei klein- und mittelkapitalisierten Unternehmen, die einen weiteren Finanzierungsbedarf haben und diesen womöglich nur mit deutlich höheren Kosten decken können. Steigende Inputkosten dürften sich auch positiv auf den Geschäftserfolg vieler Digital-Health-Unternehmen mit ihren effizienzsteigernden Anwendungen auswirken. Bei den Gesundheitsdienstleistern sind wir zudem auf US-Krankenversicherer fokussiert. Diese profitieren von steigenden kurz- und mittelfristigen Zinsen, weil sie höhere Zinserträge und damit höhere Gewinne erzielen können. Außerdem wirken sich höhere Inflationserwartungen positiv auf die Prämien aus, weil höhere Kosten von Leistungserbringern wie Spitäler weitergegeben werden können.

Pannwitz: Dankeschön für die Einblicke!

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